Heute präsentieren wir ein spannendes Interview mit Maren Ulbrich. Sie ist Expertin im Bereich Mensch und Organisation im Handwerk und als Referentin bei der Deutschen-Handwerker-Akademie dabei. Mit über 15 Jahren Erfahrung in der Entwicklung von Führungskräften, der Gestaltung von Veränderungsprozessen und der Beratung zur Unternehmensnachfolge hat sie sich als geschätzte Ansprechpartnerin im Handwerk etabliert. Im Interview teilt sie wertvolle Einblicke und Strategien, die Handwerksbetriebe in ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

DHA: Frau Ulbrich, Sie sind Expertin für Mensch und Organisation im Handwerk. Was hat Sie motiviert, sich speziell auf das Handwerk zu fokussieren?

Seit mehr als 15 Jahren arbeite ich täglich mit Betriebsinhabern und Unternehmerfrauen, Führungskräften sowie mitarbeitenden Familienangehörigen und Mitarbeitern in Handwerksbetrieben zusammen.

Als Diplom-Ökonomin mit den Schwerpunkten Unternehmensführung, Organisation und Steuern habe ich erforscht, wie der Mensch in einem Unternehmen agiert. Seither entwickle ich Führungskräfte im Handwerk und optimiere digitale Kommunikations- und Führungsprozesse gemeinsam mit den Mitarbeitern im Unternehmen.

Den Weg ins Handwerk fand ich als Personalleiterin in einem Bauunternehmen mit fünf Gewerken und rund 250 Mitarbeitern. In dieser Rolle habe ich seinerzeit Fach- und Führungskräfte entwickelt und Prozesse in Changeprozessen zukunftsfest aufgestellt.

Seit mehr als 15 Jahren agiere ich nun täglich als zertifizierte Beraterin für Unternehmensnachfolge und Wirtschafts-Mediatorin, systemischer Coach, Familienberaterin sowie Speakerin mit meinem Unternehmen HANDWERKSMENSCH nahezu ausschließlich für das Handwerk.

Der Mensch steht bei mir im Mittelpunkt des Unternehmens – der Inhaber mit seinen Familienangehörigen, die Führungskräfte und Nachfolger sowie Mitarbeiter und Auszubildende.

DHA: In Ihren Vorträgen sprechen Sie oft über „Mitarbeiterbegeisterung“. Was sind die Schlüsselstrategien, um diese Begeisterung im Handwerk dauerhaft zu erhalten?

Die entscheidende Strategie ist es, Mitarbeiter in Veränderungsprozesse zu integrieren, eine bedürfnisorientierte Personalarbeit zu leisten, Führungskräfte kompetent aufzustellen und Kommunikations- und Führungsstrukturen zu schaffen, die ein hohes Maß an Bindung und Kommunikation sicherstellen – bei gleichzeitig hoher Produktivität des Unternehmens.

DHA: Führung 4.0 und die neue Arbeitswelt sind zentrale Themen Ihrer Arbeit. Wie verändert sich Ihrer Meinung nach die Führungskultur im Handwerk in den nächsten Jahren?

Die Arbeitswelt ist VUCA, d.h. volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig. In dieser Welt benötigen wir Führungskräfte, die empathisch und konsequent, veränderungsbereit und offen für Neues sind. Der Mensch wird weiter in den Mittelpunkt des Handelns rücken. Unabdingbar ist es, unsere Betriebe so aufzustellen, dass sie wirtschaftlich erfolgreich und produktiv arbeiten und Prozesse zeigen, die für den Menschen gemacht sind, statt gegen ihn.

Jeder Handwerksbetrieb profitiert folglich von Führungskräften, die führen wollen und auch können. In der New Work reicht es nicht mehr aus, führen zu wollen und den Meister oder Techniker in der Tasche zu haben. Es braucht insbesondere Tools und Tricks, um Menschen dauerhaft zielgerichtet zu binden und zu begeistern – in steten Veränderungsprozessen.

DHA: Sie bieten auch Beratung zur Unternehmensnachfolge an. Welche häufigen Herausforderungen sehen Sie in diesem Bereich, speziell im Handwerk?

Dem Handwerk fehlen nicht nur Fach-, sondern auch Führungskräfte. Wichtig ist es, die Unternehmensnachfolge rechtzeitig einzuleiten.

Unternehmer sind oft vom Tagesgeschäft derart eingenommen, dass sie die frühzeitige Planung und strategische Unternehmensausrichtung vernachlässigen. Dies geschieht oft zu Lasten der erfolgreichen Findung eines geeigneten Nachfolgers und der Kommunikation im Team.

Sofern ein Nachfolger gefunden wird, scheitert die Nachfolge oft an menschlichen Faktoren, die maximal unterschätzt werden.

Ein Nachfolger muss nicht nur gefunden werden, sondern auch dauerhaft passen, d.h. mit den nötigen fachlichen und sozialen Fähigkeiten ausgestattet sein, um einen Handwerksbetrieb erfolgreich in die Zukunft führen zu können.

Transparenz ist in diesem Zusammenhang oft ein Fremdwort. Inhaber in der Übergabe binden ihre Teams leider regelmäßig nicht in den Prozess ein – in der Folge entstehen Verunsicherung und Fluktuation, die zu wirtschaftlichen Einbrüchen bis hin zur Insolvenz führen.

Wir unterstützen Übergeber und Übernehmer dabei, den Kommunikations-, Kompetenzaufbau- und Übergabeprozess gemeinsam mit Fachexperten für Steuern und Recht sicher zu gestalten.

DHA: Ihr Ansatz betont eine werteorientierte Führung. Welche Werte sind Ihrer Meinung nach entscheidend, um ein erfolgreiches und motiviertes Team zu führen?

Werte müssen heute in der Unternehmenskultur fest verankert werden. Sie dienen allen im Betrieb Agierenden als Leitplanken, sorgen für Identifikation und ein WIR-Gefühl im Umgang miteinander und in der Führungskultur.

Ein wertschätzendes und verbindliches Miteinander ist das A und O. Doch entscheidend ist nicht, welche Werte nach meinem Verständnis richtig und wichtig für einen Betrieb sind.

Wichtig ist, dass jeder Betrieb in einem moderierten Prozess die eigenen Werte selbst erschafft – durch Einbindung der beteiligten Mitarbeiter und Führungskräfte.

Es wäre fatal, ein Werteleitbild als Landkarte vorzugeben.

DHA: Sie sind auch als systemischer Coach und Mediatorin tätig. Wie helfen diese Fähigkeiten Ihnen bei der Lösung von Konflikten in Handwerksbetrieben?

Die Arbeit an Kommunikationsprozessen ist mein tägliches Handwerk. Dazu zählt nicht nur, die richtigen Prozesse so zu gestalten, dass alle transparent informiert sind. Bedeutsam ist es auch, die Führungskräfte eindeutig aufzustellen, den Geschäftsführer von operativer Verantwortung zu entlasten und den Mitarbeitern Gelegenheit zu geben, operative und strategische Fragestellungen mitzugestalten.

In Workshops, Mitarbeitergesprächen und Mitarbeiterbefragungen ermittle ich Bedürfnisse, Schmerzpunkte der Betroffenen und Handlungsnotwendigkeiten, die den Betrieb langfristig weiterentwickeln.

Nicht gelöste Konflikte stören den Betriebsablauf hochgradig, sorgen für Stress und unnötige Fluktuation. Daher ist meine Empfehlung, Konflikte aufzulösen, um sich verlässlich um das Tagesgeschäft kümmern zu können.

So agiere ich als Konfliktschlichterin und Entwicklerin von Kommunikationsprozessen, um künftige Konflikte zu vermeiden und frühzeitig abzufangen.

DHA: Sie haben zahlreiche Publikationen und Online-Kurse veröffentlicht. Welche Themen sind aktuell besonders relevant für Ihre Zielgruppe im Handwerk?

Besonders relevant sind Fragen rund um die Mitarbeiterführung und Mitarbeitermotivation. Damit einher gehen konkrete Führungskompetenzen für Nachfolger und angestellte Führungskräfte sowie Kompetenzen zur Strukturierung von Veränderungsprozessen.

DHA: Was reizt Sie an Ihrer neuen Rolle als Referentin bei der Deutschen-Handwerker-Akademie und welche Impulse möchten Sie den Teilnehmerinnen mitgeben?

Die DHA unterstütze ich sehr gerne mit meiner exklusiven Expertise aus und für das Handwerk, um Impulse in Vorträgen, Lösungsansätze in Beratungen und Kompetenzen in Coachings in den Feldern Unternehmensnachfolge, Personal- und Führungskräfteentwicklung, Change sowie Digitalisierung zu vermitteln.

Dabei stehen für mich Betriebe in einer Betriebsgröße von zwei bis 950 Mitarbeitern im Handwerk im Fokus.

Ich liebe es, mit Menschen im Dialog zu sein, neue Erkenntnisse reifen und neue Wege entstehen zu lassen.

DHA: Vielen Dank Frau Ulbrich für das inspirierende und aufschlussreiche Interview. Ihre fundierten und praxisnahen Antworten zeigen deutlich, wie essenziell eine werteorientierte Führung, eine bedürfnisorientierte Personalentwicklung und eine vorausschauende Planung der Unternehmensnachfolge für den langfristigen Erfolg im Handwerk sind.

Profil Maren Ulbrich:
www.deutsche-handwerker-akademie.de/maren-ulbrich/