Mit Michael Zimmermann dürfen wir heute einen erfahrenen Experten auf dem Gebiet der Energieeffizienz, Photovoltaik und Digitalisierung im Handwerk begrüßen. Als Dachdeckermeister, Sachverständiger und gefragter Referent bei der Deutschen-Handwerker-Akademie bringt er theoretisches Wissen und Praxisnähe in Einklang. In unserem Interview liefert er wertvolle Einblicke, wie das Handwerk durch Digitalisierung und effiziente Prozesse nachhaltiger und zukunftsorientierter gestaltet werden kann.

DHA: Herr Zimmermann wie verbinden Sie als Dachdeckermeister und Digitalisierungsexperte technisches Fachwissen mit den Chancen der Digitalisierung in Ihrem Unternehmen? 

Michael Zimmermann: Die technischen Entwicklungen der letzten Jahre haben das Handwerk nicht unbedingt entlastet – im Gegenteil, sie haben die Ansprüche unserer Kunden spürbar erhöht. Das Dachdeckerhandwerk basiert nach wie vor stark auf handwerklichem Geschick und kognitiven Fähigkeiten, die durch Maschinen oder Technik nicht vollständig ersetzbar sind. Gleichzeitig stehen wir vor immer mehr bürokratischen Hürden, die uns wertvolle Zeit rauben, die wir besser in unsere Kunden und Mitarbeiter investieren könnten. Genau hier setzen digitale Werkzeuge an: Sie übernehmen Routineaufgaben und helfen uns, durch geschickte Prozessoptimierung wieder mehr Raum für das Wesentliche zu schaffen. Für mich ist die Digitalisierung daher nicht nur ein notwendiges Übel, sondern ein nützliches Werkzeug in unserem betrieblichen Werkzeugkoffer.

DHA  Sie setzen in Ihren Seminaren und Vorträgen auf praxisnahe Umsetzungen. Können Sie ein Beispiel nennen, wie Handwerksbetriebe durch Umstrukturierungen ihren Alltag effizienter gestalten können? 

Michael Zimmermann: Ein unverzichtbares Werkzeug für Handwerksbetriebe ist heute eine optimierte und leicht verständliche Webseite, die gezielt auf die Fragen und Bedürfnisse der Kunden und potenzieller Mitarbeiter eingeht und bereits erste Lösungsansätze bietet. Ein besonders praxisnahes Beispiel dafür ist die Integration einer Funktion zur Terminvereinbarung, bei der Kunden direkt einen ersten Beratungstermin – telefonisch oder per Zoom – buchen können. Dadurch kann der Handwerksmeister feste Zeiten für eine „digitale Sprechstunde“ anbieten, die nahtlos mit seinem Terminkalender verbunden ist. So bleibt man fokussiert und wird nicht ständig aus seiner eigentlichen Arbeit herausgerissen. Durch klar strukturierte Zeitfenster für Baustellentermine, Angebotserstellung, Rechnungslegung und Online-Beratung lässt sich der Arbeitsalltag effizienter gestalten. Diese Effizienzsteigerung entlastet nicht nur den Handwerksmeister, sondern überzeugt auch potenzielle Kunden von der Professionalität des Betriebs. Die Online-Terminvereinbarung ist daher ein unverzichtbares Element im digitalen Werkzeugkoffer eines modernen Handwerksunternehmens.

DHA: Sie legen einen großen Wert auf Prozessoptimierung. Welche digitalen Werkzeuge oder Techniken empfehlen Sie speziell für kleine und mittlere Handwerksunternehmen? 

Michael Zimmermann: Bevor man digitalisiert, müssen die bestehenden Prozesse reibungslos analog funktionieren. Erst dann sollte man digitale Werkzeuge zur Optimierung einsetzen. Ein großer Effizienz-Booster in unserem Unternehmen war die Einführung digitaler Formulare. Außen setzen wir auf Konfiguratoren für Dachsanierungen, PV-Anlagen und Dachfenster sowie Anfrageformulare auf der Webseite, die eine einfache Kontaktaufnahme und einen ersten Budgetüberblick bieten – gleichzeitig eine Vorqualifikation. Innen nutzen wir digitale Formulare für Abnahmeprotokolle, Arbeitsaufträge, Bautagebücher und mehr. Daraus haben wir unsere eigene Firmen-App entwickelt, die diese Prozesse zentralisiert und für alle Mitarbeiter zugänglich macht. Das steigert die Effizienz und wird von Kunden und Mitarbeitern gleichermaßen gut angenommen.

DHA: Als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger kennen Sie komplexe technische Zusammenhänge. Wie vermitteln Sie dieses Fachwissen leicht verständlich an Ihre Seminarteilnehmer? 

Michael Zimmermann: In meinen Seminaren geht es nicht nur um die „reine Lehre der Regelwerke.“ Ich nutze praxisnahe Beispiele aus unserem betrieblichen Alltag und meiner Tätigkeit als Sachverständiger – sei es durch Schadensfälle oder gut umgesetzte Lösungen, von denen wir alle lernen können. Komplexe bauphysikalische Prozesse versuche ich mit einfachen Alltagsbeispielen zu erklären, sodass leicht verständlich wird, was passiert, wenn bestimmte Dinge falsch gemacht oder weggelassen werden.

Regeln sehe ich als Leitlinien, die den Mindestqualitätsstandard für die Ausführung festlegen, uns aber gleichzeitig genügend Raum für unternehmerische Gestaltung lassen. So setze ich technische Anforderungen pragmatisch um.

Michael Zimmermann als Referent

DHA: Sie erwähnen oft den „effizienten Umgang mit kostspieliger Zeit“. Welche Strategien zur Zeitoptimierung empfehlen Sie Handwerkern im täglichen Betrieb? 

Michael Zimmermann: Der Schlüssel zur Zeitoptimierung liegt darin, fokussiert zu arbeiten. Man sollte sich nicht ablenken lassen und jede Aufgabe nach einem klaren Plan abarbeiten. Ich habe festgestellt, dass Aufgaben oft genau so viel Zeit brauchen, wie man ihnen im Voraus zuteilt. Deshalb plane ich meinen Tag im Voraus und setze mir feste Zeitfenster – das klappt meistens recht gut.

Ein weiteres Problem ist, dass Unternehmer oft das Nadelöhr in ihrem eigenen Betrieb sind. Sie sollten nur die Aufgaben übernehmen, die ihre Mitarbeiter nicht erledigen können, um sich Freiräume für strategische Entscheidungen zu schaffen – eine Aufgabe, die nicht delegierbar ist. Wichtig ist dabei, nicht nur Aufgaben, sondern auch Verantwortung an Mitarbeiter zu übertragen. Der Mitarbeiter soll nicht nur den Kunden anrufen, sondern ein bestimmtes Ergebnis erreichen, das vorher klar kommuniziert wird.

Am Ende geht es auch darum, Prioritäten zu setzen: Muss wirklich alles gemacht werden, was von außen „verlangt“ wird? Spezialisierung ist hier der Schlüssel. Kunden suchen Spezialisten, keine Generalisten.

DHA: Ihr Dachdecker-Podcast ist mit monatlich 30.000 Zuhörer*innen einer der wichtigsten Podcasts im deutschen Handwerk. Ist das nur etwas für Dachdecker oder profitieren auch andere Gewerke davon? Welche Themen besprechen Sie im Podcast? 

Michael Zimmermann: Der Dachdecker-Podcast ist eine Initiative meines Kollegen Karl-Heinz Krawczyk und mir. Wir sprechen entweder zu zweit oder laden interessante Gäste ein, um Themen wie Technik, Organisation und Digitalisierung zu besprechen. Unsere Hauptzielgruppe sind Dachdeckerunternehmer, deren Mitarbeiter, Meisterschüler sowie unsere Partner aus der Industrie und dem Handel. Viele unserer Themen, abgesehen von den Fachregeln, sind aber auch für andere Handwerksgewerke und deren Partner interessant.

DHA: Was motiviert Sie persönlich, als Referent und Dozent bei der Deutschen-Handwerker-Akademie dabei zu sein, und welche Themen möchten Sie in Zukunft verstärkt behandeln? 

Michael Zimmermann: Meine Hauptmotivation als Referent und Dozent bei der Deutschen-Handwerker-Akademie ist es, meine Erfahrungen weiterzugeben und den Kolleginnen und Kollegen praxisnahe Lösungen zu zeigen, die ihnen wieder mehr Freude am Handwerk und Unternehmertum bringen. Mein Fokus liegt auf Prozessen, Digitalisierung und Technik, wobei die Energiewende ein zentrales Thema ist. Sie ist eine der wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft und entscheidend für kommende Generationen.

DHA: Vielen Dank Herr Zimmermann für das aufschlussreiche Gespräch. Ihr praxisnaher Ansatz und die klaren Empfehlungen zur Prozessoptimierung und Digitalisierung sowie einer klaren Positionierung bieten wertvolle Impulse für Handwerksbetriebe aller Gewerke. Sie zeigen deutlich, dass Digitalisierung nicht nur eine Herausforderung ist, sondern auch echte Chancen für das Handwerk bietet. Herzlichen Dank für die Einblicke und Inspiration!

Profil Michael Zimmermann:
https://www.deutsche-handwerker-akademie.de/michael-zimmermann/